Vor allem kann der Einsatz eines 3D Rundgangs bei Entscheidungen im wirtschaftlichen Kontext erfolgsversprechend sein, die durch ein hohes Involvement gekennzeichnet sind (Sander
2004, S. 45), mit Hinblick auf die Beschaffenheit von Räumlichkeiten und / oder dessen Inhalte. Solche extensiven Entscheidungen werden als besonders wichtig wahrgenommen und weisen
oft ein empfundenes hohes Risiko auf. Um einer möglichen Fehlentscheidung entgegenzuwirken, hat der Interessent, Käufer oder Kunde eine erhöhte Bereitschaft sich intensiv mit
Informationen auseinanderzusetzen und hohe kognitiven Leistungen abzurufen (Kroeber-Riel et al. 2003, S. 382 ff.).
Für öffentliche Einrichtungen kann angenommen werden, dass ein bloßes Informationsbedürfnis des Interessanten an den Räumlichkeiten und dessen Inhalte eine Voraussetzung für den
erfolgreichen Einsatz eines virtuellen 3D Rundgangs ist.
So kann in vielen Fällen angenommen werden, dass beispielsweise
- eine Entsprechung der Wunschvorstellungen eines Urlaubers, hinsichtlich der realen Gegebenheiten eines Hotels, Ferienhauses, Appartements, einer Pension etc. besonders wichtig ist,
insbesondere mit Hinblick auf die beschränkten Urlaubstage,
- der Museumsbesucher zumindest ein hohes Informationsbedürfnis aufweist, - der Auftraggeber für kritische oder große Aufträge ein erhöhtes Kontrollbewusstsein innehat, insbesondere
inwieweit die Produktionsanlagen, Maschinenparks, etc. des etwa weit entfernten, produzierenden Lieferanten adäquat sind, - der Gastgeber einer einzigartigen Feierlichkeit eine
Eventlocation präferiert, die eher ein Raumgefühl in der Präsentation vermitteln kann,
- die interessierte Kunde ein Fitnessstudio kritisch prüft, vor allem mit Hinblick auf eine mehrjährige, kostenpflichtige Mitgliedschaft,
- der Bauherr einen Architekten präferiert, der seine bisherigen Arbeiten besonders plastisch darstellen und dem Bauherrn eine räumliche Vorstellung geben kann, insbesondere
hinsichtlich des hohen Kostenrisikos und der Einmaligkeit des Bauvorhabens oder
- der begehrte Künstler für seine Auftritte Locations präferiert, die keine Fragen in ihrer Darstellung offenlassen.
Dennoch kann angenommen werden, dass die (potenziellen) Kunden nicht selten Informationsdefizite aufweisen, aufgrund von Transaktionskosten (Richter et al. 2003, S. 12). So
verursachen die Informations¬beschaffung und Informationsverarbeitung für den Interessenten auch Kosten. Mit der Betrachtung eines 3D Rundgangs kann der Interessent jedoch seine
monetären Kosten reduzieren, insbesondere in der Form der Abwesenheit von Reisekosten für eine reale Begehung. Vor allem liegt die Vorteilhaftigkeit aber aus der Sicht des
Interessenten, Käufers oder Kunden in der Reduktion informationeller Bemühungen, im Sinne einer sofortigen, komfortablen Betrachtung jeglicher Perspektiven. Die Zeitersparnis
gegenüber einer realen Begehung oder Auskünfte einholen erspart dem Betrachter außerdem Kosten für entgangene Gelegenheiten, d. h. der Zeitgewinn reduziert seine Opportunitäts¬kosten.
Je niedriger jene Kosten einer Entscheidung sind, desto eher wird der Zielkunde sich für die Leistung entscheiden, eine Erfüllung seiner Präferenzen unterstellt (Kaas 1994, S.
255).
Folglich liefert ein virtueller 3D Rundgang auf dem Endgerät sofort, bequem Informationen. Gleichzeitig erhält der Interessent mit einem hohen Involvement aber auch zusätzliche
Informationen vor allem in der Form eines Raumgefühls und einer Vielzahl an Perspektiven über die örtlichen Gegebenheiten. Damit erweitert sich die Zielgruppe für 3D Rundgänge
abermals.
So haben auch Emotionen einen wesentlichen Einfluss auf Entscheidungsprozesse (Pepels 2005, S. 55). Emotionen können als innere Erregungszustände verstanden werden, die sich in ihrer
Stärke, Ausrichtung und nach ihrem Gefühlstyp unterscheiden. Dabei kann ein empfundener Mangelzustand eine Emotion auslösen, die eine Handlung bewirkt (Trommsdorff, 2002 S. 60
ff.).
Beispielsweise kann bei der Betrachtung des 3D Rundgangs
- eines Hotels, Ferienhauses, einer Pension etc. ein Wohlgefühl,
- einer Produktionsanlage ein Vertrauen,
- einer Location ein adäquates Raumgefühl,
- eines Fitnessstudios eine Begeisterung oder
- einer baulichen Sanierung eine Zuversicht,
- ferner eines Museums ein Interesse entstehen.
Der Auftragnehmer hat regelmäßig einen Informationsvorsprung gegenüber des (potenziellen) Auftraggebers. So ist jener Kunde vor allem im wirtschaftlichen Kontext dem Risiko
ausgesetzt, dass die eigenen Informationsdefizite zu seinen Nachteilen vom Erbringer der Leistung unbeobachtet ausgenutzt werden. Geeignete Infor¬mationen können Abhilfe schaffen
(Alparslan 2006, S. 21 ff.). Ein 3D Rundgang kann solche Informationen über die tatsächliche Beschaffenheit der Räumlichkeiten glaubwürdig, authentisch liefern. Der Betrachter eines
3D Rundgangs kann alle Perspektiven selbstständig einnehmen und die Räume sowie das Interior damit ohne jeden Zweifel vollständig und eigenständig prüfen. Ein 3D Rundgang stellt damit
auch insbesondere eine vertrauensbildende Maßnahme in die Leistung und Zuversicht in die Befriedigung der Kundenbedürfnisse dar.
Entdeckt der Betrachter eines 3D Rundgangs für ihn bedeutsame Gegebenheiten, werden im Gehirn emotionalen Zentren aktiviert. Sind intensive Gefühle, wie vor allem Begeisterung in
Verbindung mit der Aktivierung emotionaler Maker (z. B. Herzklopfen) die Folge, kommt es im Gehirn zu einer Ausschüttung neuroplastischer Botenstoffe. Endorphine oder auch Oxytocin
regen beispielsweise die Nervenzellen an neue Eiweiße für die Umformung im Gehirn zu produzieren. Neue Erkenntnisse werden mit alten Erkenntnissen dabei verknüpft (Hüther 2017).
Erlebt demnach der Betrachter eines 3D Rundgangs intensive Emotionen, merkt sich der (potenzielle) Kunde die dargestellten Informationen zu den räumlichen Gegebenheiten eher.
Erlangt der Betrachter eines 3D Rundgangs darüber hinaus auch bei der Betrachtung verschiedener Aspekte eine Erreichung seiner Wunschvorstellung oder Annäherung seines Anliegens,
erlebt das Gehirn einen glücksartigen Zustand, indem die Belohnungszentren im Gehirn aktiviert und abermals Botenstoffe ausgeschüttet werden. Das Gehirn strebt nach einem solchen
Kohärenzgefühl, da in diesem Zustand der Energieverbrauch am geringsten ist. Eine bewusste Auseinandersetzung der angestrebten Teilaspekte kann das Kohärenzgefühl abermals steigern
(Hüther).
Allerdings fördern insbesondere ein hohes Involvement, empfundenes Risiko, absehbare Folgen einer Entscheidung und ein zu viel oder zu wenig an Informationen kognitive Dissonanzen.
Innere Zielkonflikte zwischen mehreren Handlungsalternativen, mögliche Folgen einer Entscheidung und entgangene Alternativen stellen psychische Spannungen dar, die als unangenehm
empfunden werden. Allerdings kann angenommen werden, dass ein virtueller 3D Rundgang eher dazu geeignet ist, als beispielsweise ein gegebener Bilderkatalog, mindestens die
ausreichende Menge an gewünschten visuellen Informationen zu liefern, d. h. Perspektiven der Räumlichkeiten. Gelingt es mit einem virtuellen 3D Rundgang darüber hinaus ein kohärentes
Konzept entsprechend der Präferenzen jenes Kunden, Interessenten darzustellen und gleichzeitig positive Emotionen zu wecken, kann ein 3D Rundgang dazu geeignet sein, kognitive
Dissonanzen zu Gunsten des Inhabers eines Rundgangs aufzulösen. In diesem Fall würde der Betrachter einerseits versuchen seine kognitiven Dissonanzen zu reduzieren, in dem die
positiven Informationen der gewählten Variante bevorzugt und intensiv wahrgenommen werden. Andererseits könnte der Betrachter auch seine Einstellung zugunsten der gewählten Variante
ändern, wie etwa einen höheren Preis oder eine längere Anfahrt akzeptieren (Sander 2019, S. 64 ff.). Die folgende Abbildung zeigt das Zusammenspiel der Informationsmenge und
kognitiver Dissonanzen.
Ferner kann aus Hygienegründen (z. B. Praxen, Kliniken, ambulante OP´s), Pandemiegründen (z. B. Museen) und Sicherheitsgründen (z. B. Energieversorger) eine tatsächliche Begehung
unmöglich oder stark erschwert sein. Auch in diesen Fällen erscheint ein 3D Rundgang ebenso als erfolgsversprechend.